Vom sorbischen Halbbauer zum ersten Schriftsteller von Rohne
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Den Schriften von Hanzo Njepila (1766-1856) verdanken wir wichtige Einblicke in die bäuerliche Lebensweise in Rohne im 18. und 19. Jahrhundert. Durch seine Freude am Schreiben entstanden über 30 Hefte, von denen 5 Handschriften noch erhalten geblieben sind. In diesen Schriften beschreibt er sein Leben als Halbbauer in Rohne und ermöglicht uns damit eine Vorstellung, unter welchen Bedingungen die sorbischen Bewohner von Rohne und Umgebung damals lebten, wohnten und welche Herausforderungen im anstrengenden Arbeitsalltag zu bewältigen waren.
Eintrag im Kirchenbuch
aus dem Jahr 1766
"Den 1. August 1766 hat Maria, dem Matthes Njepila von Roine sein Eheweib ein Söhnlein geboren, welches den 3. Ejusd getaufft und Hanß
genennet worden ...."
Njepilas Kindheit
Hanzo wurde am 1. August 1766 als Sohn von
Matthes (1724 -1785) und Maria (1730 - nach 1785) geboren.
Als Kind war Hanzo sehr verträumt und poetisch, der gern seine Umwelt beobachtete.
4 Jahre besuchte er die "Winterschule" beim sorbischen Dorfschuster in Rohne sowie beim Hanusch in Trebendorf und die Schule in Mühlrose.
In den Sommermonaten verdingte er sich als Bauer und Frohnarbeiter und berichtet in seinen Schriften von den hungrigen Jahren (nach 1770), wo er sich von Lehm und Sauerampfer ernähren musste. Hanzo beschreibt auch seine Hirtenjahre von 1774-1781, wo er u.a. einen alten Ochsen hüten musste, der ihn übel zurichtete.
Sein tollkühner und mutiger Versuch, vom Scheunendach als ewiger Flugpionier in die Geschichte eingehen zu können, scheiterte leider kläglich und endete mit mehreren gebrochenen Gliedern.
Njepilas Jugend
In seiner Jugend musste Hanzo oft seinen Eltern auf dem heimischen Hof helfen.
Die Familie war sehr arm. Sein Vater war selten daheim, da dieser lieber öfter in das Brandenburgische ging, um zu betteln.
Der junge Hanzo musste daher oft die kaputten Gerätschaften und wenigen Besitztümer instand setzen.
Auch der Zustand der Hauses war nach seiner Schilderung schlecht, alles schimmelte und war morsch, da es durch das Dach regnete.
Sein Vorhaben, den elterlichen Hof für einen Dienst in der Fremde zu verlassen, gab er nach dem flehenden Bitten der Mutter auf.
Im Jahr 1785 wurde Hanzo Njepila mit 19 Jahren selbst zum Bauer und bewirtschaftete den heimischen Hof.
Njepila als Familienvater
Im Jahr 1789 heiratete Hanzo Njepila seine Frau Maria Paulick, die ihm in den Folgejahren von 1790 bis ca. 1812 die stattliche Anzahl von 7 Kindern gebar.
Eine fruchtbare Ehe mit einer vielköpfigen Kinderschar, die dem Familienvater und Halbbauern Hanzo wirtschaftlich viel abverlangte, aber auch viel Freude bereitet haben dürfte.
Njepilas Kinder in zeitlicher Reihenfolge:
Mathäus (1790 - 1868)
Anna (1791 - 1795)
Maria
(1796 - unbekannt)
Christian (1802 - 1837)
Hans (1802 - 1870)
Dorothea (1810 - unbekannt)
Magdalena
(unbekannt - unbekannt)
Von Magdalena ist überliefert, dass diese im Jahr 1827 selbst ein Kind geboren hat.
Halbbauer & Baumann
In den Jahren von 1790 bis 1800 war Hanzo Njepila hauptsächlich damit beschäftigt, Land urbar zu machen. In seinen Handschriften beschrieb er, wie er das gemacht hat und in welchen Rohner Fluren die Familie Njepila Land hatte. (Flure Dubrawica, Luk, Ripne...)
Die Größe der Flächen betrug ca. 5 Hektar, denn der Status als Halbbauer erforderte einen Besitz von etwas mehr als 5 Hektar.
Nach der Feudalablösung übernahm Hanzo den elterlichen Hof ca. um 1800 und nannte sich nach den Jahren der kargen Kindheit mit Stolz über diese erworbene Selbstständigkeit
"Hanzo Njepila - Halbbauer in Rohne".
Mit der Übernahme beschaffte Hanzo das erforderliche Baumaterial zum Ausbau des Hofes und so wurde um das Jahr 1806 aus dem Hof, was er heute noch ist.
In seinen Handschriften schildert Njepila wie Baumaterial mit dem Ochsen aus dem fernen Spremberg geholt wurde...
Njepila als Rentner
Um 1824 vermachte er den Hof nach der damaligen Tradition seinem ältesten Sohn Mathäus.
Entsprechend der traditionellen Altersversorgung auf den Bauernhöfen dieser Zeit, war Hanzo auf die Erbringung des vorher ausgehandelten Altenteils angewiesen.
Seine Schwiegertochter hielt den Renter aber so knapp wie möglich, so das Hanzo oft nur "Gänsekartoffeln" statt Brot essen konnte.
Immer wieder musste Njepila seine Freunde, Nachbarn und Amtspersonen um Mithilfe bitten, um auf dem Hof zu bekommen, was ihm für sein Altenteil rechtlich zustand.
Was er dann aber bekam, reichte oft nicht aus und so musste Hanzo noch bis ins das hohe Alter Feldarbeit verrichten.
Er starb 1856 im hohen Alter von 90 Jahren.
Njepilas Bedeutung
Bei der zumeist analphabetischen Dorfbevölkerung, einschließlich seiner Familie, fand Njepilas Schrifttum keine Anerkennung.
In seinen Schriften, die er ausschließlich im Schleifer Dialekt verfasste, berichtet Njepila über die alltäglichen Dinge des Lebens.
Er hatte auch die Muße zu poetischen Bildern.
Seine Worte: "...da sah ich sie liegen, schön, unsere Dörfer"
und die sich anschließenden Beschreibungen der Gegend um Schleife zeugen von der tiefen Heimatverbundenheit des Autors.
Der Großteil seiner ca. 30 Handschriften (Hefte) wurde Hanzo Njepila bei seiner Bestattung mit in das Grab gelegt und gingen somit verloren.
Der Verdienst von Njepila besteht darin, dass er sich als erster Nichtgeistlicher
mit dem Verfassen von sorbischen Texten beschäftigteund damit interessantes über das Leben der sorbischen Bauern in Rohne überlieferte und das sorbische Volksschrifttum begründete.